Dazugelernt?
Am 21.07.2023 meldete die RHEINPFALZ (Ausgabe Frankenthal), dass nun wieder in Planungen im Silberseegebiet eingestiegen werden soll. Ein Hotel auf der Scharrau soll es nun wohl nicht unbedingt werden, vielleicht etwas "im medizinischen Bereich", so die Verlautbarungen. Das seinerzeitige Plangebiet wird noch um die nord-östlich angrenzende "Ochsenlache" vergrößert. Der BUND ist gespannt, wie man die Tatsache, dass es sich beim Silberseegebiet um eines der bedeutensten Schutzgebiete der Region (und darüber hinaus) handelt, in Einklang mit einem Bebauungsplan bringen möchte. Denn eine Verschlechterung des Gebietszustandes ist unzulässig, seine Verbesserung im Sinne des Naturschutzes dagegen gewünscht. Mit Interesse wird der BUND deshalb die für einen Bebauungsplan erforderliche Verträglichkeitsprüfung des europäischen Schutzgebietes (NATURA 2000) analysieren, sobald diese vorliegt. Sie ist ergebnisoffen zu führen, d.h. sie kann auch zu dem Schluss kommen, dass bestimmte Nutzungen im Gebiet unzulässig sind.
Was noch ungeklärt ist: Vor mehr als zwei Jahren wurden ohne die erforderliche Genehmigung Zäune durch den Kieswerkbetreiber im Hochwasserschutzgebiet am Silbersee errichtet. Diese sind noch immer vorhanden, obwohl bis Ende Juni 2023 keine Genehmigung vorlag. Da besteht aus der Sicht des BUND Handlungsbedarf!
2020: Jahrelange Bemühungen des Naturschutzes führen zum Erfolg
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landes- und Kreisverband sind außerordentlich froh, dass das für den Naturschutz so bedeutende Silberseegebiet nicht mit Hilfe des Bebauungsplans „Silbersee – Teilbereich Scharrau/ Badestrand“ entwertet werden kann. „Nicht der BUND hat den Bebauungsplan zu Fall gebracht. Sondern wir haben mit unserer Klage dafür gesorgt, dass geltendes Recht nicht durch die beklagte Gemeinde Bobenheim-Roxheim verletzt wird“, betont BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub. Auch der NABU Rheinland-Pfalz unterstützte die Klage.
Für den BUND war schon von Beginn der Planungen für den Hotelbau klar, dass ein solches Unternehmen mitten in einem landesweit bedeutsamen, von der EU anerkannten Schutzgebiet nicht vertretbar ist und hat bedauert, dass die Gemeinde das große Glück nicht erkannt hat, ein derart bedeutsames und wertvolles Stück Natur innerhalb ihrer Gemeindegrenzen zu haben. Nach dem eindeutigen Urteil hofft der Naturschutzverband, dass nun auch die Gemeinde alles daransetzt, den Wert des Gebietes für den Naturschutz weiter zu steigern und hierzu in einen konstruktiven Dialog mit den Naturschutzverbänden tritt. Gemeinsames Ziel sollte es sein, die Nutzung für die Allgemeinheit naturverträglich zu ermöglichen. Der BUND ist sich sicher, dass das auch im Sinne der Bürger*innen Bobenheim-Roxheims ist.
Jahrelanges Gezerre
Schon 2012 hatte die Gemeinde Pläne für das Gebiet vorgelegt, die jedoch zurückgezogen werden mussten. Seitdem kämpft der Naturschutz für den Erhalt des Gebietes. Die jahrelangen Bemühungen des BUND finden in diesem Urteil nun hoffentlich einen endgültigen Schlusspunkt, ein positives Ende. Der hohe Aufwand hat sich gelohnt – auch für die Bürgerinnen und Bürger.
Der Silbersee und Roxheimer Altrhein gilt als eines der größten und interessantesten Vogel-Beobachtungsgebiete in Rheinland-Pfalz. Tatsächlich ist der See mit den benachbarten Altwassern und Kiesseen ein Rastgebiet von größter Bedeutung für durchziehende und überwinternde Wasservögel – und auch für etliche Brutvögel von herausragender Bedeutung. Doris Stubenrauch, die Vorsitzende der BUND-Kreisgruppe Rhein-Pfalz, erläutert zur Halbinsel Scharrau: „Hier sollte ein Tagungs- und Wellnesshotel mit 120 Zimmern und Restaurant entstehen. Zwei ansässige Sportvereine wollte man dafür nordwärts verlegen, an einen bisher kaum gestörten Uferstreifen. Gleichzeitig plante die Gemeinde den Kiosk am Südstrand des Silbersees auszubauen und einen Parkplatz zu erweitern.“ All diese Maßnahmen lägen im Zentrum eines Verbundes von Schutzflächen: inmitten eines europäischen Vogelschutzgebietes und umschlossen von einem FFH- sowie mehreren Naturschutzgebieten.
Ein naturnaher, kleiner Badestrand mit Kiosk lässt die Bevölkerung nach getaner Arbeit Ruhe und Ausgleich finden. Inmitten wertvollster Natur: Denn das Silberseegebiet in Bobenheim-Roxheim ist vollständig als Vogelschutzgebiet nach europäischer Richtlinie geschützt, zu großen Teilen ein EU-Fauna-Flora-Habitat und teilweise nationales Naturschutzgebiet. Mit Hilfe eines Investors sollte hier ein Wellness- und Tagungshotel entstehen. Dadurch wären selbstverständlich negative Beeinträchtigungen die Folge gewesen, wenn nicht sogar zu einem teilweisen Verlust des wertvollen Naturgebietes gekommen. "Vom Naturschutz-Juwel zur Kommerz-Insel?"
Bei dem Silbersee in Bobenheim-Roxheim darf man von einer überregionalen Bedeutung sprechen: Es ist Lebensraum für so streng geschützte Tierarten wie Eisvogel und Kammmolch, auch die so seltene Europäische Sumpfschildkröte lebt seit einigen Jahren wieder hier.
Als Rastplatz für den Vogelzug dient es vielen Vogelarten wie Schnatterente, Krickente, Knäkente, Zwergtaucher, Schwarzhalstaucher, Zwergsäger, Silberreiher. Im Sommer brüten hier seltene Wasservögel, eine Vielzahl an Amphibien haben hier ihren Landlebensraum und Gewässer für das Laichen.
Bis ins "Herz" des Gebietes reichte der am 20.04.2018 rechtskräftig gewordene Bebauungsplan der Gemeinde, mit dessen Hilfe einem Investor ein Wellness- und Tagungshotel ermöglicht werden sollte, anstelle des seit langem aufgelassenen Hofgutes Scharrau. Ideenreich ist es nicht, wertvolle Naturschutzflächen wirtschaftlich auszubeuten. Denn so viele große, zusammenhängende und abwechslungsreiche Naturschutzgebiete haben wir in der Metroploregion nicht. Wer dort investieren darf, dem gibt man die "Filetstücke" preis. Die Naturschutzverbände prüften unterstützt von Anwälten, ob eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan aussichtsreich ist. Was ist unsere Pflege- und Aufwertungsarbeit im Landkreis wert, der Kauf und die Umwandlung vergleichsweise kleiner Flächen, wenn die Schmuckstücke des Naturschutzes durch kommerzialisierte Nutzungen abgewertet werden.
Pressemitteilung vom 16.04.2018